Cards of Qatar
Den getöteten Arbeitern in Katar ein Gesicht geben! 11FREUNDE und BLANKSPOT zeigen gestorbene Migranten als Sammelkarten. Die Hinterbliebenen hoffen auf Anerkennung und Entschädigung.
Seit die Fußball-WM 2022 vor zwölf Jahren in den arabischen Zwergstaat Katar vergeben wurde, reißen die negativen Schlagzeilen nicht ab. Da sind die massiven Bestechungsgelder, die vor der Vergabe an Mitglieder des FIFA-Exekutivkomitee gezahlt wurden. Und da ist die unerträgliche Situation für Menschen des LGBTQ-Spektrums, die in Katar nach wie vor verfolgt und eingesperrt werden.
Nichts aber hat weltweit soviel Empörung ausgelöst wie die Situation der Arbeitsmigranten, die in Katar die Stadien und die umgebende Infrastruktur für die WM gebaut haben. Sie leben unter miserablen Bedingungen, in teils bizarr anmutenden Abhängigkeiten von Arbeitgebern und jenseits internationaler Standards, etwa was den Arbeitsschutz angeht. Und das sind nicht die schlimmsten Konsequenzen: Tausende Arbeiter sind im letzten Jahrzehnt unter oft ungeklärten Zuständen ums Leben gekommen, darunter nicht nur Bauarbeiter, sondern etwa auch Hausangestellte. Nicht jeder war ein Opfer der miserablen Arbeitsbedingungen, aber alle eint eine mangelhafte Aufklärung ihrer Todesumstände. Auf mindestens 6500 Todesfälle kommt eine Zählung des „Guardians“, andere Schätzungen sprechen von nahezu 15000 gestorbenen Migranten.
Dass bis heute in zahllosen Fällen in den Todesscheinen keine klare Todesursache benannt wird und so den oft bettelarmen Familien in Bangladesh, Nepal und anderen Ländern jede Möglichkeit gemommen wird, eine Entschädigung zu beantragen, ist eine der vielen unerträglichen Schurkereien des Staates Katar im Vorfeld des Turniers und darf nicht länger vom Weltverband FIFA, von den beteiligten Mannschaften und von der Öffentlichkeit hingenommen werden.
Nun ist es leichter, die Schicksale der Migranten zu ignorieren, so lang es nur anonyme Zahlen sind. Unser Projekt „Cards of Qatar“, verwirklicht in Kooperation mit dem verdienstvollen schwedischen Magazin „Blankspot“, geht deshalb einen Schritt weiter und gibt den toten Migranten ein Gesicht und eine Geschichte. Der renommierte schwedische Journalist Martin Schibbye hat die Schicksale vieler Menschen recherchiert, die nach Katar kamen, um durch die Arbeit dort ihre Familien in der Heimat zu unterstützen. Sie waren bereit hart und ausdauernd zu arbeiten – nicht aber für einen Staat und sein Prestigeobjekt einer Fußball-WM zu sterben.
Wir präsentieren die Bilder und Schicksale im Look offizieller Sammelkarten, um die Offiziellen daran zu erinnern, unter welch makabren Umständen dieses Turnier stattfindet. Die Hinterbliebenen sind damit einverstanden, sie wollen auf ihre Angehörigen und ihren Tod aufmerksam machen und hoffen darauf, nicht länger ignoriert zu werden. Die Mannschaften und die Verbände müssen diese Gesichter sehen und diese Geschichten lesen – und dann endlich handeln. Es wird allerhöchste Zeit.